Myra Davies

“Cities And Girls“

Die kanadische Spoken Word-Künstlerin Myra Davies und die Berliner Elektro-Visionärin Gudrun Gut arbeiten schon seit einiger Zeit zusammen: auf der „Miasma“-Trilogie unterlegte Gut Davies‘ Stories mit organischen Beats. Für Davies‘ neues Album „Cities and Girls“ gingen neben Gudrun Gut auch Guts ehemalige Malaria!-Kollegin Beate Bartel und das Künstlerpaar Danielle de Piciotto & Alexander Hacke ins Studio, um die Texte in passende musikalische Arrangements zu verpacken. Der Albumtitel „Cities and Girls“ vereint die kreativen Triebkräfte Davies‘: Myra Davies sieht die Stadt als „social heart und creative core“, was ein wenig seltsam klingt, wenn man weiß, dass Davies in einem winzigen Kaff in den Rocky Mountains lebt. Doch sie erlebt Städte mit unverbrauchtem Blick, wenn sie sich aus der Natur auf den Weg in die Metropolen der Welt begibt; nimmt typisch urbane Gegebenheiten anders und klarer wahr, als diejenigen, die sich Tag für Tag in der „City“ bewegen. „Girls“/Mädchen wird ebenfalls schlüssig erklärt: Myra Davies war natürlich selbst einmal ein Mädchen, heute als erwachsene Frau sieht sie Dinge, die in ihrer Jugend passierten, in einem anderen Licht. Außerdem ist „Cities and Girls“ Davies‘ toter Freundin Sherry gewidmet, die ihr immer wieder in Träumen erscheint. Mit ruhiger, warmer Stimme erzählt Myra Davies Geschichten aus dem urbanen Alltag, sie beobachtet Menschen beim Shoppen und Essengehen, thematisiert aber auch deren Verzweiflung und Einsamkeit. Davies‘ Texte sind trotz aller Alltäglichkeit nie banal, sondern im Gegenteil höchst intensiv und politisch explizit. Dazu passen Gudrun Guts sanft swingende Elektrobeats ebenso gut wie Hacke/Piciottos berlineske Entwürfe mit Akkordeon und Walzerrhythmus. Das anspruchsvolle Experiment, Spoken Word-Lyrik mit zeitgenössischem Electro zu kombinieren, ist auf „Cities and Girls“ mehr als gelungen.

CD, 2008, 10 Tracks, Label: Monika Enterprise

Christina Mohr

30.09.2008