CSS
“Donkey“
Im Sommer 2006 konnten sich Indiefans weltweit auf ein Album einigen: das sechsköpfige brasilianische Künstlerkollektiv CSS – fünf Frauen, ein Mann – verband Mode und Musik, Punk und Disco mit rotzig-nonchalanter Attitüde und beschwerte sich augenzwinkernd via Plattentitel, „Cansei de ser Sexy“, also „genug vom Sexy-sein“ zu haben. Sängerin Lovefoxx und ihre KollegInnen überzeugten mit Hits wie „Let’s Make Love and Listen to Death from Above“ oder „Music is My Hot, Hot Sex“ und eroberten die großen Bühnen des Globus. CSS verstanden Punk und Disco nicht als zwei verschiedene Stile, die mühsam verbunden werden müssen, sondern dachten diese beiden Pole ganz selbstverständlich zusammen – vielleicht ein Privileg ihrer Jugend. Inzwischen haben sich CSS (jetzt nur noch zu fünft, Bassistin Iracema trevisan stieg aus, um sich Kunst und Mode mehr zu widmen) ans Sexy-und Berühmtsein gewöhnt. Lovefoxx taucht auf dem neuen Primal Scream-Album als Komponistin auf, andere namhafte Bands reißen sich darum, von CSS geremixt zu werden. „Donkey“ ist wie „Cansei de ser Sexy“ ein klasse Album, voller catchy Melodien, Kuhglocken und schneidenden Hardrockgitarren. Der Anfang mit „Jager Yoga“ und „Rat is Dead (Rage)“ ist furios, die Songs sind mitreißend wie beispielsweise Le Tigres „Hot Topic“. Bei „Let’s Reggae All Night“ und „Move“ kommen die für CSS so charakteristischen tiefen Bassläufe ins Spiel, „Give Up“ und „Left Behind“ sind wie gemacht für durchgetanzte Nächte. Aber: CSS sind nicht mehr wild und gefährlich. Die Produktion ist glatt, die Stimmen sanft und zuckrig, die Harmonien perfekt. Man kann einer Band schlecht vorwerfen, musikalisch versierter geworden zu sein und natürlich machen CSS noch immer Musik für unternehmungslustige Mädchen (und Jungs) – für die mittlerweile ein DVD-Abend anstatt einer wilden Nacht im Club auch in Ordnung ist.
CD, 2008, 11 Tracks, Label: Sub Pop
Christina Mohr04.08.2008