Mike Stern

“Who Let The Cats Out?“

Eine neue CD von Gitarrist Mike Stern brachte in den letzten Jahren gleichbleibend gute Qualität ohne sonderlich große Überraschungen. Auch Who Let The Cats Out? knüpft bei den Vorgängern an, ist etwas jazziger, mit mehr Zitaten aus der Jazzgeschichte, die Mike Stern zum Beispiel gekonnt in „Good Question“ (Rhythm Changes) einbringt. Allerdings ähneln sich die Kompositionen mittlerweile, so dass sich mir die Frage stellt, wie Sterns Mitmusiker die von Melodie, Groove und Kicks ähnlichen Stücke auseinander halten. Aber da ich ein großer Fan von Mike Sterns Approach bin und sehr schätze, wie er traditionellen Bebop in ein Fusion- und Rockgewand hüllt, kann ich gut damit leben. Die langsamen Stücke weben dichte Klänge, die Stern mit kontrapunktischen Basslinien verändert. Grosses Plus der CD ist die Besetzung. Die meisten gehören zu den „üblichen Verdächtigen“. Mit Chris Minh Doky und Bob Franceschini spielt Stern seit Jahren, und auch mit Jim Beard, Bob Malach und Dave Weckl verbindet ihn lange Bühnenpräsenz. Die neue Geheimwaffe des Gitarristen ist Kim Thompson, eine erst 25jährige Schlagzeugerin, die seit zwei Jahren fest in Sterns Quartett spielt. Sehr filigran und powerfull zugleich verändert sie die Musik der Besetzung. Die Dynamikbreite ist tiefer, und Thompson holt das beste aus den Mitstreitern. Sie sei ein bißchen ähnlich wie Terri Lyne Carrington, aber auch so powervoll wie Dennis Chambers, allerdings viel hübscher, sagt Mike Stern in den Linernotes. Auch MeShell NdegéOcello läßt die Musik anders klingen. Die Frau am Bass drückt nach vorne, ähnlich wie Bassmeister Anthony Jackson, ohne das virtuos rumzufuchteln wie Richard Bona oder Victor Wooten. Irritationen gab es bei mir bei Hargroves Trompete, die man nach Jahren der Saxophon-Quartette bei Stern gar nicht erwartetet hatte. Man möchte erst Miles rufen, dann Brecker Brothers, aber Hargrove hat natürlich einen ganz anderen Sound, der sich gut in die Kompositionen einfügt. Es wäre schön, Mike Stern auch in einer dieser Besetzungen einmal live zu sehen. Ein gutes Stern-Album nicht, weil es durch neue Konzepte überrascht, sondern altbekanntes und zu erwartendes verändert – und nicht zu vergessen: Mike Stern spielt auch Akustikgitarre!

CD, 2006, 10 Tracks, Label: Heads Up / inakustik

Angela Ballhorn

14.09.2006