Female Vielfalt in der Brotfabrik

Programm im April

Im Monat April wartet die Frankfurter Brotfabrik mit einem ganz besonderen Programm auf: sie bringt grandiose Musikerinnen aus den verschiedensten Teilen der Welt auf die Bühne und uns die Welt ins Haus.

Sieben Konzerte mit female acts kredenzt uns das Team der Brotfabrik im Frankfurter Westen und feiert damit auch eine Art heimliches „Women Of The World“ Festival der anderen Art (vor dem groß angekündigten W-Festival im Mai). Viele der Künstlerinnen haben bereits in mehreren Ländern gelebt und die verschiedensten Kulturen kennengelernt. So tauchen Identität und Heimat als Themen in ihrer Musik auf, aber auch der Kampf gegen Unterdrückung und Gewalt, für Frauenrechte. Das Programm spannt einen großen Bogen vom East African Retro Pop von Alsarah & The Nubatones über den Folkrock der Algerierin Souad Massi zur Berliner Liedermacherin Christiane Rösinger und ihrem neuen Album „Lieder ohne Leiden“.

02.04.2017 INNA MODJA (Mali/Frankreich)
Du glaubst zu wissen, wie Musik aus Mali klingt und hast dabei Toumani Diabeté, Salif Keita, Ali Farka Touré, Oumou Sangaré oder Rokia Traoré im Ohr? Inna Modja ist anders als all diese Aushängeschilder westafrikanischer Musik. Auf ihrem dritten Album „Motel Bamako“ verbindet Inna Modja afrikanische Roots mit elektronischen Einflüssen zu einer extrem organischen Melange und gilt nicht für wenige als verheißungsvollste Zukunft der zeitgenössischen afrikanischen Musik. Wow. Ultrahip einerseits, intelligent sowieso, ist sie auch sozial engagiert und erhebt ihre Stimme gegen Gewalt gegen Frauen. Infos

06.04.2017 CHRISTIANE RÖSINGER (Deutschland)
Für ihr neues Album „Lieder ohne Leiden“ hat sich Rösinger sechs Jahre Zeit gelassen. Sie hat u.a. zwei Bücher (darunter „Liebe wird oft überbewertet“) geschrieben, ist durch den Kiez flaniert und hat den eigenen Garten bestellt. Gut möglich, dass man all dem begegnet in den Texten auf der neuen Platte. Rösinger zeigt sich wieder als bekennende Melancholikerin, dennoch hat „Lieder ohne Leiden“ bei aller Lakonie erstaunlich unverhoffte Facetten. Der Sound des Albums ist opulenter und farbenfroher geraten, als die zum Teil noch bedrückendere Film Noir-Stimmung auf „Songs Of L. And Hate“. Die Musik von 60’s Girl-Groups à la Shangri-Las, aber auch die Musik der Beach Boys und Burt Bacharach galten Andreas Spechtl (dem Produzenten) als Vorbild für den Klangteppich auf „Lieder ohne Leiden“. Infos

07.04.2017 EMEL MATHLOUTHI (Tunesien/Frankreich/USA)
Emel Mathlouthi wollte für ihr zweites Album „Ensen“ einen modernen Ansatz und tat sich dafür mit dem isländischen Produzenten Valgeir Sigurðsson zusammen. Tunesische Folk Music und arabische Klänge sollten ganz selbstverständlich zusammengehen mit Trip-Hop und Electronica. Ob akustisch oder elektronisch generierte Beats, die Klammer sind dabei Grooves von hypnotischer Qualität, zu denen Emel ihre Botschaften formuliert und variiert. Als „Stimme der Jasmin-Revolution“ gefeiert, sind ihre Texte gegen die Ungerechtigkeiten in ihrer Kultur eng mit dem Arabischen Frühling verbunden. Dass sich die Hoffnungen nach einer wirklichen Zäsur in der Arabischen Welt zerschlagen haben, ihre Musik zu Hause zensiert wurde und sie beschloss ins Ausland zu gehen, lässt Emel nicht verstummen. Sie will mit ihrer Musik allen Menschen Kraft geben und Mut zusprechen, die den Kampf gegen Unterdrückung und Gewalt weiterführen. Und Emel macht sich dabei vor allem auch für ihre Geschlechtsgenossinnen stark. Eine Veranstaltung im Rahmen des Musikmesse Festivals. Infos

18.04.2017 ALSARAH & THE NUBATONES (Sudan/USA)
Alsarah wurde in Sudans Kapitale Khartoum geboren. Als sie acht Jahre alt war, floh ihre Familie vor dem Regime in den Jemen, verließ die Stadt Taizz aber schlagartig wieder, als ein Bürgerkrieg ausbrach, um dann 1994 in die USA zu übersiedeln. Nicht verwunderlich also, dass Migration später eines der zentralen Themen in ihren Songs werden würde. Die Idee von Alsarah & The Nubatones wurde bei einigen Dinner-Verabredungen in New York geboren, als die Sängerin sich mit dem Percussionisten Rami El Aasser über nubische Traditionen in Ägypten und dem Sudan austauschte. „East-African retro pop“ nannten die zwei, was sie mit dem armenisch-US-amerikanischen Oud-Spieler Haig Manouki und dem in Frankreich geborenen und in Togo aufgewachsenen Bassisten Mawuena Kodjvovi für das Debütalbum „Silt“ 2014 entwickelten. Um Inspiration für ihr zweites Album zu sammeln, gönnten sich die Musiker eine längere Auszeit in Marokko. Auch auf „Manara“ werden wieder ganz essentielle Fragen wie „Was ist Heimat?“ und „Wie klingt sie?“ gestellt, Themen wie Identität und Individualität zwischen Tradition und Moderne behandelt.
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20.04.2017 SERAFYN (Support: URSINA) (Schweiz)
All der Hetze und Hektik unserer Zeit ein Debütalbum voller Ruhe und Zuversicht entgegenzusetzen, das hatten sich Serafyn mit der Veröffentlichung von „Foam“ Anfang Februar vorgenommen. Und tatsächlich ist den fünf SchweizerInnen der perfekte Soundtrack für den Übergang vom Winter zum Frühling gelungen. „Da schwingt immer ein Rest von Melancholie mit im Celli-umspülten Gesang von Anna Erhard. Aber nicht nur der klare wie verträumte Harmoniegesang der drei Damen im Line-up sorgt für Licht und Farbe. Trotz Elektrifikation (so heißt das bei den Eidgenossen) bleibt eine Folk-Assoziation. Schließlich kommen die Fünf von der Straßenmusik“, schrieb das Journal Frankfurt über Serafyns Erstling. „Serafyn gelingt das delikate Kunststück, ihre zarten, intimen Songs mit der großen, weiten Welt kurzzuschließen“, ergänzte die Schweizer SonntagsZeitung über die Landsleute.
Als Support hat die Band die Schweizerin Ursina eingeladen (s. dazu unsere MELODIVA-Review) Infos

22.04.2017 SOUAD MASSI (Algerien/Frankreich)
„Ich habe mich schon in Algerien wie eine Fremde gefühlt“, hat Souad Massi einmal in einem Interview gesagt. „Da hatte ich nicht die Möglichkeit, die Musik, die ich immer schon in meinem Kopf trug, umzusetzen.“ Also fiel es ihr nicht allzu schwer, nach Frankreich zu gehen. Dort konnte sie realisieren, was dann als zur akustischen Gitarre vorgetragene Chansons mit arabisch-andalusischer Färbung wahrgenommen wurde. Schon ihr Debüt „Raoui“ („Der Geschichtenerzähler“) im Jahr 2001 wurde nicht nur in ihrer Wahlheimat, sondern auch in Großbritannien wahrgenommen, wo sich Massi über eine Nominierung als „Beste Newcomerin“ bei den „World Music Awards“ der BBC freuen konnte. „Deb“, ihr zweites Album, wurde dann auch im Rest Europas und in den USA beachtet, wohl auch weil die Sängerin mit „cosmopolitan folk-rock“ (The Sunday Times) und einer Poesie auch jenseits von „Tausendundeine Nacht“ aufwartete. Das brachte ihr sogar Vergleiche mit Tracy Chapman und Joni Mitchell ein. Infos

25.04.2017 AWA LY (Senegal/Frankreich/Italien)
Mit Awa Ly kommt nach Imany eine weitere Sängerin aus Frankreich, die den Sensationserfolg der Kollegin durchaus wiederholen könnte. Awa Ly’s Album „Five And A Feather“ hat ihr schnell das Prädikat „Schamanin des Global-Folk“ (MDR Kultur) eingebracht. Auch weil sich das Ausnahmetalent mit den senegalesischen Wurzeln vom Mystischen und Übernatürlichen angezogen fühlt. Die Fünf im CD-Titel bezieht sich auf die fünf Sinne, auf die fünf Weltmeere, die fünf Linien im Notensystem und die fünf Finger unserer Hände. Die Feder ist für Awa Ly das magische Element, das alles verbindet. Als kleines Mädchen kam sie mit Soul, Blues, afrikanischer Musik und auch afro-kubanischen Orchestern in Kontakt. Nachhaltige Eindrücke. Auch wenn sie als Künstlerin schließlich den samtenen Pfad des Jazz einschlagen sollte, geht Awa stets ihren eigenen Weg, indem sie traditionelle Formen aufbricht, auch beim Einbinden von Folk-Elementen. Das zentrale Thema von „Five And A Feather“ ist dabei die Liebe, ob leidenschaftlich, zerstörerisch, enttäuscht, romantisch oder universell. Live vermag sie mit phänomenaler Bühnenpräsenz zu überzeugen, wie ihr Showcase auf dem Reeperbahn-Festival im letzten Jahr eindrucksvoll belegte. Infos

27.04.2017 GISELA JOÃO (Portugal)
Als Gisela João 2013 ihr selbstbetiteltes Debüt in ihrer Heimat veröffentlichte, wurde das in den Medien gleich als „ein Meilenstein in der Geschichte des zeitgenössischen Fado“ gefeiert und von den bedeutendsten Magazinen zum besten portugiesischen Album des Jahres gewählt. Denn die Sängerin versteht es, die traditionelle portugiesische Musik mit zeitgenössischen urbanen Sounds zu verbinden und ihr so eine spannende Aktualität zu verleihen. Trotzdem fehlt natürlich nicht die Melancholie, die man mit dem portugiesischem Blues seit jeher verbindet, dieses kaum definierbare Gefühl zwischen Sehnsucht, Fernweh und schicksalhafter Ergebenheit, die nur einen Namen kennt: Saudade. „Viele Leute denken, Fado sei traurig. Er ist nicht traurig. Fado ist intensiv. Wie das Leben“, sagte die Fadista aus Lissabons Stadtteil Mouraria zur Veröffentlichung ihrer neuen CD „Nua“ (nackt, bloß). Infos

Veranstaltungsort: Brotfabrik, Bachmannstr. 2-4, 60488 Frankfurt

Tickets

(Fotos: Souad Massi/Jean-Baptiste Millot, Awa Ly/Bernard Benant, Serafyn/Matthias Willi, Gisela João/Estelle Valente, Ursina/Angelika Annen, Alsarah/Nousha Salimi, Emel Mathlouthi/Mehdi Hassine)

www.brotfabrik.de
Autorin: Mane Stelzer

29.03.2017