DJanes, Styles & more
"Mithras" - Die "BEAT-Queen" aus Basel an den Plattentellern
Nachdem vor einigen Jahren auf der Berliner LOVE PARADE die erste weibliche DJ (Maruscha) Furore machte, ist vielen Menschen aufgefallen, dass die Plattenteller eigentlich oder immer nur von DJs und damit von männlichen Virtuosen bedient werden.
Auch Maruscha wäre wohl nie dort angelangt, hätte sie nicht einen der namhaftesten Kollegen, DJ WESTBAM, zum Freund gehabt. Egal, sie hat damit eine Welle losgetreten und auf einmal bekamen unzählige Girls auch Lust, sich mit dem „Plattenauflegen“ zu befassen.
Ungefähr zu dieser Zeit wurde dann auch der Begriff der DJane, der in der Szene schon lange benutzt und kreiert wurde, endlich breitflächig hoffähig. Auch heute noch, ca. 5 Jahre später, ist der Anteil der DJanes bei 5%.
„Das ist einfach zu wenig“, sagte sich DJane Mithras, gründete ein DJane-Netzwerk in der Schweiz und bildet dort seitdem viele weibliche DJs in einer Vielzahl von Workshops aus.
Engagiert und voller Ideen
Seit über 10 Jahren dreht sie die Plattenteller, legt auf von House bis POP, von Acid bis Detroit und heute vorwiegend „Te(cc)chno und „progressiv detroit“ (damit ist die musikalische Umsetzung von metallischen Maschinenklängen ab 135 bpm gemeint). Auch legt sie „electech“ auf (eine Wortschöpfung von ihr selbst, die Sounds, Grooves und elektronische Musik zusammenfasst bwz. beinhaltet).
Techno ist für Mithras „die Zusammenfassung, der Urbegriff der Musik“, u.a. der LOVE- Parade mit unzähligen Facetten und Ausrichtungen. Techno arbeitet nicht mehr mit Harmonien und Melodien sondern eher mit rhythmischen Loops (Wiederholungen) und der daraus resultierenden Spannung. Ihren Stil beschreibt sie bildhaft : „Ich unternehme eine Reise mit den Leuten, wechsle die Landschaft und Stimmungen, damit sie langsam mitreisen können… Machmal streife ich auch diverse Musikstile und Genres . Stilbrüche gehören auch mit dazu, liegen mit auf meinem Weg…“.
Das sind einige der Gründe, warum wir sie für unsere „Melodiva Net Club Party“ im September ausgesucht und eingeladen haben.
Aufgrund der Ereignisse in den USA vom 11.September haben wir uns kurzfristig entschlossen, die Party nicht mit Beats zu beenden, sondern ruhig ausklingen zu lassen. Wir hoffen, dass wir zu anderer Gelegenheit mit Mithras feiern können.
He & she & „be expressive“
In der gesamten Schweiz reist sie von Event zu Event, organisiert ihre eigenen Parties zusammen mit der DJ-Group „be expressive“ und legte bei diversen CSD-Festen auf, mit Stationen u.a. in der „Roten Fabrik“ und im „Kanzlei-Zentrum“ in Zürich und der „Kaserne“, der Kulturwerkstatt in Basel.
Sie hat durch ihre Erfahrung bei unzähligen Partys, auch über die Frauen-Szene hinaus, viel Erfahrung gesammelt und ihren ganz eigenen persönlichen Stil entwickelt. Wichtig ist ihr, „die Leute dort musikalisch abzuholen, wo sie stehen, sie zu locken sozusagen.“
DJane-Gyrls on top!
Das hat die 37jährige sich auf ihre „Plattenteller“ geschrieben. Sie hat 1988 das Projekt „Rubinia – Mädelz an dieTechnik“ initiiert mit Kursen für angehende DJanes. Auch eine eigene Homepage, als Netzwerk für Mädchen & DJanes in der Schweiz ist auf ihre Initiative zurückzuführen: http://www.gyrl.ch – mal reinschauen??
Die ehemlige Hebamme und heutige Sozialarbeiterin will vor allem Girls als DJanes zielgerichtet aufbauen. Es gibt so viele männliche Vorbilder und Kursleiter, dass sie vor allem Mädchen und junge Frauen unterstützen will. Sie hat viele Kurskonzepte entwickelt und schult die Mädchen professionell und gezielt mit Musik- und Technik-Infos (Einführung in die verschiedenen Musikstile bis hin zum Aufbauen und Verkabeln eines Mischpultes oder/und der PA).
Natürlich ist die musikalische Rhythmusschulung ebenso wichtig, denn „die Songs müssen weich ineinanderlaufen, sich ergänzen und zu einer neuen „Music-Melange“ werden, dann sind die Übergänge genial. Dafür braucht frau viel Übung und fundiertes Rhythmusgefühl.“
DJane(ing), ein eigener Stil?
Der richtige Sound-Mix, darauf kommt es den DJs und DJanes also an, aber was ist richtig?
Auf jeden Fall gehört dazu, die Leute auf der Tanzfläche zu halten. Für viele DJanes eine hohe Kunst, denn die Leute sind verwöhnt, geprägt durch die Musikindustrie und die Songs, die sie durch Radio- und Musikkanäle im Fernsehen permanent hören müssen. Es ist schwer, einen eigenen Stil unterzubringen ohne die Leute abzuschrecken. Eine leere Tanzfläche ist einfach zermürbend. Dazu meint Mithras: „Es hat sich deswegen eine Szene mit bestimmten Parties und Musikstilen entwickelt, zu Themen wie Techno, House, Hip Hop Detroit…bis hin zu Oldies“.
Wie fühlt sie sich unter so vielen männlichen Kollegen, wie ist das für sie? Wird sie erst genommen?
„Durch meine Zusammenarbeit mit meiner „Jungs-Gruppe“ oder meinen „disco-boys“ (lacht) war es schwer, wahrgenommen zu werden. Die „be expressive“-Gruppe gab mir Rückhalt und Möglichkeiten zur Auseinandersetzung und Austausch bis hin zum richtigen „Fetzen“.
Vorher haben die Jungs eben nur untereinander kommuniziert und ich kam nicht rein, was sich über die Gruppe geändert hat. Für mich war das der Einstieg – mittlerweile werde ich dann von DJs angesprochen und auch engagiert. Sie haben mich als Geschäftspartnerin geschätzt, auch weil ich die älteste war.
Eigener DJane-Stil?
Dazu befragt mein Mithras: „Ja, es gibt irgend etwas, was Frauen anders machen – wahrscheinlich ist das eher auf der emotionalen Ebene. Ich kann es kaum ausdrücken, bekomme es aber von vielen Menschen als feed-back bei meinen Parties. Ich gehe, glaube ich auf die Leute anders ein, lege nicht so stur auf wie die Jungs, sondern gucke vielleicht eher auf mein Publikum. Das hat mir auch eine Kollegin, „DJ Tatana“ aus Zürich, bestätigt, die übrigens gerade in der Schweiz Platin für ihre CDs gewonnen hat. Da könnte ich richtig eine Studie raus machen, es ist total spannend das rauszufinden, was DJanes „ohren“scheinlich anders machen. Sie legen manchmal sogar auch härter auf, sagte mir neulich jemand….“
Sind DJs/DJanes MusikerInnen?
Noch heute ist das Bild im Kopf vieler Menschen etwas verdreht. Die Leute verstehen unter dem Beruf DJ einfach immer noch das einfache Auflegen, eben so ein paar Platten bzw. CDs hintereinanderschalten, das kann doch jede/r!
Dass diese Bild sich reichlich überholt hat und DJs/DJanes als eigene Musikgattung und damit auch als MusikerInnen bezeichnet werden hat sich nur langsam etabliert. Erstmalig hat die Jazz-Szene, voran das Deutsche Jazz-Festival, das oft sehr tradiert daherkam, mit dem Konzert von John Coltrane und Band, ergänzt von zwei DJs, echte Maßstäbe gesetzt.
Spätestens danach wurde immer mehr Menschen deutlich, dass diese Gattung ganz neu als Berufsbild hinzukam. Virtuos, mit wundervollem Sound und Beats schufen die beiden DJs dort ganz eigene Soundgalerien und brillierten durch atemberaubende Soli. Dirket neben mir und auch nach dem Konzert vernahm ich von vielen KonzertbesucherInnen Erstaunen und Bewunderung über das brandneue „Element DJ“ in der noch jungen Sparte „Acid-Jazz“, die nun hoffähig wurde.
Jetzt, 2001, sind DJ/anes etablierter und anerkannter, werden immer mehr zu Produktionen ins Studio geladen. Sie gehören mittlerweile als fester Bestandteil zu Bandbesetzungen und bestimmen ganze Stilrichtungen und das nicht nur auf der LOVE-Parade.
Dass der Anteil der DJanes dabei immer noch verschwindend gering ist, wird sich vielleicht bald mal ändern, wenn „RUBINIA“ in vielen Orten stattfinden wird und junge DJanes dann den Musikmarkt beleben.
DJane MITHRAS/Schweiz im Netz:
www.rubinia-djanes.ch
Copyright: Redaktion Melodiva
30.09.2001