DIE MOULINETTES
"Herr Rossi + das Abenteuer Serendipity Park"
Mit „Herr Rossi sucht das Glück“ landeten die Münchner MOULINETTES direkt zu Beginn ihrer Karriere einen Überraschungshit. Die folgenden Alben „20 Blumen“ und „Alfa Bravo Charlie“ entwickelten sich seitdem zu Verkaufserfolgen und bescherte der selbsternannten Freundinnen-Band eine treue Fangemeinde. Sängerin Claudia Kaiser landete im vergangen Herbst mit ihrem Buch „Rocken und Hosen (Dtv), der die ersten Jahre der Bandgeschichte mit jeder Menge Ironie zusammenfasst, einen vielbeachteten Erfolg.
Ihr neuer und dritter Longplayer „Serendipity Park“ ist soeben bei „PAUL“ erschienen und sie sind im April mit der neuen Platte live zu erleben, präsentiert von SAT 1.
Ihr Markenzeichen: ironisch, gesalzene, satirische Texte, schlabbriger Gitarren-POP trifft röhrenden Garagenpunk, und schlürft lasziv, lässig intoniertern Leadgesang:
Die Moulinettes, das sind (seit 1996 – die drei „Ur-Moulis“):
Claudia Kaiser (lead-voc, guit),
Kiki Lorrig-Wossagk (dr, voc)
Barbara Streidl (bass, voc)
und ab 1999 kam der Quotenmann Martin Lickleder (geige, mandoline, keyboard) dazu.
Das neue Album der Moulinettes „..unerwartete Entdeckung??“
Auszüge aus dem Text v. 20.02.2004 aus der Süddeutschen Zeitung (Jochen Temsch)
„…“Serendipity“ bezeichnet im Englischen die Gabe, zufällig glückliche und unerwartbare Entdeckungen zu machen. Für diesen Wörterfund gebührt den Moulinettes der Preis für den kryptischsten Albumtitel des noch jungen Jahres. Aber damit locken Claudia Kaiser, Martin Lickleder, Kiki Lorrig-Wossagk und Barbara Streidl auch all jene auf einen Erkundungs-Trip, die den gut gelaunten Schubidu-Pop der Moulinettes bislang eher belächelt haben.
„Am Rande des Nervenzusammenbruchs
Ist unsre Adresse im Leben
Und treffen wir mal ins Schwarze
Dann zielten wir wohl daneben
oder
Beim ersten Mal trafen sich unsere Blicke
beim vierten Mal unsere Anwälte.“
Zwar hat auch „Serendipity Park“ die typische, vordergründig unbeschwerte Easy-Listening-Ästhetik seiner beiden Vorgängeralben „20 Blumen“ und „Alfa, Bravo, Charlie“; wie gehabt gehen Lofi-Gitarrenpop und mehrstimmiger Harmoniegesang in lieblichem Sechzigerjahre-Anklang auf; es gibt wieder diesen ironischen Unterton, wie er ja schon im Bandnamen steckt. Aber: Die Moulinettes rocken rauer denn je. Ihren bewährten Stil haben sie weiterentwickelt, weiter weg entwickelt vom bisher gepflegten, beglückenden Bossa Nova und von kuscheliger Elektronik für die Sofa-Lounge, hin songweise sogar bis zu knüppeligem Garagenpunk. Das Leben ist schließlich auch härter geworden.
Die Abwendung vom netten Schlager spiegelt sich auch in den Texten wieder, die mehr als gewohnt in Wut und vor allem Schwermut abdriften.
Die fantasierenden Vier, inzwischen auch gestandene Mütter und Eheleute, dichten voller Wortwitz und Rätsel über die Liebe und das Leben. Nachdem „Herr Rossi“ vor sechs Jahren auf dem Erstling „20 Blumen“ noch positiv naiv das Glück suchte, endet derlei Recherche auf „Serendipity Park“ vorläufig an düsteren Orten wie der „Unheilbar“, über die es heißt: „In der Unheilbar, wo du bedienst, werden nur Lügen aufgetischt, und die Gedankenwelt, in der du lebst, gehört mal dringend nass rausgewischt.“ In der Wohnung, in der es „dreckiger als auf dem Mond“ ist, liegen „berühmte Tote, halb aufgetaut“. Und selbst Flirts in Zeiten der Ich-AGs führen nur noch zu „Am Abgrund Schlange stehen“ und feindlichen Übernahmen: „Beim ersten Mal trafen sich unsere Blicke – beim vierten Mal unsere Anwälte.“
Bereits in ihrem vergangenes Jahr erschienenen Band-Bericht „Rocken & Hosen“, einem unterhaltsamen Stück Pop-Popliteratur, hat Sängerin Claudia Kaiser den längst überfälligen Versuch unternommen, der männlich dominierten Rockgeschichte mehr Weiblichkeit zu geben und einige Klischees über das Dasein als Independent-Band vom Kopf auf die Füße zu stellen.
Nun, auf ihrem neuen Album, klingen sie und die anderen Moulinettes ernst zu nehmender als je zuvor. Und einfach klasse – egal, ob man die Scheibe nackt hört oder spärlich angezogen.
Auszüge aus dem Text v. 20.02.2004 aus der Süddeutschen Zeitung (Jochen Temsch)
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label: www.paulist.net
Text zusammengestellt von Anne Breick/Frankfurt
29.04.2004