Rosanna & Zélia (D/BRA)
"Musikkosmos Brasilien"
ROSANNA & ZELIA und Band:
Tour-Auftakt in der Konzertmuschel im Frankfurter Palmengarten
für die Release ihrer 3. CD: „Águas-Iguais“ (mit Band/Gästen)
„…Das brasilianische Duo Rosanna und Zélia gehört zum Besten, was die zeitgenössische Popularmusik Brasiliens zu bieten hat..“
Das ist die einhellige Meinung von Kritikern und Publikum und von allen, die den Weg der seit einigen Jahren in Frankfurt/Main lebenden Musikerinnen verfolgen. 1996 veröffentlichten Rosanna & Zélia ihr erstes Album „Passagem“, eine Art Reisebericht der musikalischen Impressionen auf dem Weg von Brasilien über Portugal und Finnland nach Deutschland. Zwei Jahre später folgte „Coisário“.
Im Herbst dann beim Label ENJA RECORDS erschien mit „Águas-Iguais“ das dritte Album, das die beiden mit zahlreichen Gästen zum Teil auch in Brasilien aufnahmen.
Angesprochen auf ihren Stil, sagen Rosanna & Zélia einfach, sie spielten brasilianische Musik. Was hier so schlicht formuliert wird, ist durchaus eine passende Bezeichnung für das Konzept der beiden. Rosanna Tavares (voc, perc, g) und Zélia Fonseca (voc, g, b) sind keine stilorientierten Musikerinnen, sie nehmen vielmehr Elemente des ganzen Musikkosmos Brasiliens auf, von der Musica Popular Brasileira über Rhythmen und Folklore aus verschiedensten Landesteilen bis hin zu Elementen der Ureinwohnermusik oder auch des Jazz und Pop. Die beiden werden am meisten von der brasilianischen Percussionistin Angela Frontera begleitet und verschmolzen nicht nur musikalisch dann zu einem Trio.
Ein spannendes Release-Konzert
Die beiden Musikerinnen hatten sich für ihr Release Konzert eine wahrlich traumhafte Konzertbühne ausgesucht. Die Konzertmuschel im legendären Palmengarten schaffte die Atmosphäre, die die beiden mit ihren zahlreichen GastmusikerInnen und Musikern für ihre filligrane Musik benötigten. Ganz persönlich wandten sich beide an ihr Heimpublikum, denn zahlreiche Fans hatten sich eingefunden und warteten geduldig auf die neuen Songs. Von zarter Melancholie war das Konzert geprägt, getragen von voluminösen Streicherparts bis hin zu druckvoller und zugleich sparsamer Percussion von Angela Frontera, die die beiden bei vielen Konzerten begleitet. Rosanna & Zélia überzeugen ihr Publikum mit der Macht der ruhigen Klänge, mit ihren exotisch-verträumten Liedern und verzaubern jeden, der sich darauf einläßt, ihrer Musik zuzuhören.
Mit stehenden Ovationen wurde das Duo belohnt und einem Run auf den CD-Stand. Es war sehr beeindruckend mitzuerleben, wie Rosanna ihre Krankheit meistert, wie sie von ihrer Kollegin und ihrer Familie unterstützt und getragen wird. Sie bedankt sich auf der Bühne persönlich bei allen und diese Offenheit drückt Stärke und Mut aus. Ich war froh, daß ich dieses wundervolle und ganz spezielle Konzert in Frankfurt live miterleben durfte.
Warmherzig und hintergründig
„Águas-Iguais“ – „Ursprünglich bezeichnet der Begriff aus dem Norden Brasiliens ein Phänomen von Ebbe und Flut“, erklärt Zélia Fonseca den Titel des neuen Albums „Águas-Iguais“, gleiche Wasser. Rosanna & Zélia gilt er als übergreifende Metapher für die eigene Poesie: „Wir spielen oft mit Assoziationen zu Wasser, bildhaft als Fluss des Lebens, abstrakt als Synonym für emotionale Bewegung oder ganz einfach als Umschreibung von Tränen.“ Auch die Entwicklung der Lieder, von der originären Komposition zum nuancierten Arrangement, beschreibt Zélia als eine Art Fluss. Dank ihrer sehr unterschiedlichen Persönlichkeiten wohnten den Stücken anfangs verschiedene Seelen inne, die sich erst in der gemeinsamen Arbeit an Harmonien und Instrumentierung annäherten, bis sie schließlich die für Rosanna & Zélia typische warmherzige, hintergründig leuchtende Synthese eingehen.
Für ihr drittes Album suchte das sympathische Duo wiederum gezielt nach anderen Klangfarben. Fündig wurden sie bei dem Hamburger Streichquartett „G-Strings“ ebenso wie in der eigenen Geschichte. In Belo Horizonte spielten sie einige Songs mit einem ehemaligen Kommilitonen, dem mittlerweile von Paul Simon bis Philip Glass international gefragten Perkussionisten Paulinho Santos, und dem sensiblen Akkordeonisten Toninho Ferraguti ein. Dennoch treten afro-brasilianische Rhythmen wie Maracatu auf der CD sehr zurückhaltend auf, als wollten sie filigrane Gewebe akustischer Gitarren und federleichte, aber nie leichtfertige Vokal-Sätze Rosanna & Zélias nur ganz sanft in Schwingungen versetzen. Mitunter werden die Beats vollständig von feinen Ziselierungen des Streichquartetts abgelöst.
Wie alles begann
Die Brasilianerinnen Rosanna Tavares und Zélia Fonseca lernen während ihrer abenteuerlustigen Migrationsgeschichte die Welt mit anderen Augen zu sehen. 1989 beginnt ihre wissbegierige Suche nach neuen musikalischen Einflüssen zunächst in Portugal. Über Frankreich und Finnland landen die beiden schließlich in Deutschland.
Erste Band-Erfahrungen sammeln Rosanna & Zélia in der Schule. „Wir haben uns mit 14 Jahren durch einen Lehrer, der eine Band gründen wollte, kennen gelernt. Wir spielten fünf Jahre zusammen in dieser Besetzung.“ Danach trennen sich ihre Wege vorerst: Rosanna studiert Zahnmedizin und Zélia Journalismus. Mitte der 80er beginnen sie erneut musikalisch zusammen zu arbeiten. Wenige Jahre später verlassen sie ihre Heimat. „Ausschlaggebend war die Einladung eines brasilianischen Freundes, der mit uns in Portugal Musik machen wollte.“
1993 beginnt ihre europäische Laufbahn in der Frankfurter Latinjazz-Band „Banda Caja“. In Folge eines Live-Albums steigt die Popularität der Truppe so stark, dass Tourneen und Auftritte auf wichtigen deutschen und internationalen Brasilienfestivals möglich werden. 1996 spielen Rosanna & Zélia ihr erstes eigenes Album ein. „Passagem“ begeistert nicht zuletzt durch das Bandoneonspiel von Gaststar Dino Saluzzi und legt den Grundstein für eine solide Karriere.
Aktuelle CD:
CD – Rosanna & Zelia „Águas-Iguais“ (enja records – Sept. 2004)
CD – Rosanna & Zelia: „Coisario“ 1999 Peregrina Music
CD – Rosanna & Zelia: „Passagem“ 1996 Peregrina Music
Text zusammengestellt von: Bernadine Tobrake
(Text/Quelle u.a.: NORBERT KRAMPF/FAZ)
Fotos: Anne Breick – Erschienen: Oktober 2004
Copyright: Redaktion Melodiva
29.10.2004