Dozentin im Porträt: Berit Jung

female* music point 08.-09.10.2022

Nächsten Monat ist es soweit und unsere diesjährigen female* music points laden euch wieder zu neuen Erfahrungen, Inspiration, Spaß und magischen musikalischen Begegnungen ein. Mit der Bassistin, Komponistin und Songpoetin Berit Jung aus Berlin werden wir das Komponieren aus dem Augenblick heraus ergründen.

Berit Jung lebt als freischaffende Musikerin, Komponistin und Songpoetin in Berlin. Musikalisch bewegt sie sich im Spannungsbereich zwischen Jazz, zeitgenössischer Musik, freier Improvisation, Songwriting und Lyrik. Schon früh hat sie begonnen sich mit Literatur zu beschäftigen und eigene Texte, Gedichte und Geschichten verfasst. Mit ihrem aktuellen Herzensprojekt geht sie solo auf Reisen und verbindet ihre Worte auf eine ihr eigene Art und Weise mit Musik. Sie singt, spricht und begleitet sich, teilweise unterstützt von einer Loopstation, auf dem Kontrabass. Dabei bewegt sich die Songpoetin in ihrem ganz eigenen Kosmos ohne Rücksicht auf etwaige Genregrenzen. „… ihre Musik funktioniert wie Geschenkpapier, in das sie ihre Texte einschlägt… Die begleitenden Klänge erzeugt sie mit einem Bass, der bei ihr nicht allein Saiteninstrument ist, sondern zugleich Schlagzeug und Effektgerät. Harmonien und Melodien indes entstehen weniger aus den Klängen als vielmehr aus der Lyrik, in der die Worte tänzeln. Manchmal klingt das rätselhaft, häufiger schlicht zauberhaft…“ schreibt die Lippische Landeszeitung über ihr Soloprojekt.

Berit Jung wurde in Dresden geboren und begann zunächst ein Psychologiestudium an der Freien Universität Berlin, von dem sie nach einigen Semestern an die Hochschule für Musik „Hanns Eisler“ Berlin wechselte, um dort im Hauptfach Kontrabass (Jazz/Popularmusik) zu studieren. Ihre Dozenten waren unter anderem Martin Lillich, Marc Muellbauer, Jiggs Whigham und Georg Graewe. Neben dem Musikstudium arbeitete sie im Krisenhaus Berlin und begleitete in der Nachtbereitschaft Menschen in Krisensituationen. Es folgten Workshops bei Mark Dresser, Barre Phillips und John Taylor und eine Gesang- und Sprecherausbildung bei Annette Göres. (Foto: Dovile Sermokas)

Im Bereich der frei improvisierten Musik arbeitet bzw. arbeitete Berit Jung unter anderem mit Almut Kühne, Johannes Bauer, Matthias Schubert, Els Vandeweyer, Hannes Lingens, Simon Jakob Drees, Heiner Reinhardt, Johannes Schleiermacher, Lothar Fiedler sowie Michael Walz zusammen. Ihr vielfältiges Interesse zeigt sich auch in gemeinsamen Projekten mit Künstler*innen aus unterschiedlichen Bereichen in Tanz, Videokunst und bildender Kunst. Auch in verschiedenen Theaterproduktionen wie „Heiße Zeiten“ oder „Black Flamingo“ wirkt sie mit. Bei der Produktion „Michel aus Lönneberga feiert Weihnachten“ an der Astrid Lindgren-Bühne Berlin übernahm sie die musikalische Leitung.

Als Bassistin unterschiedlicher Bands und Projekte wie beispielsweise Bring That Thing, Keke, Halb Sechs, Musik in Möbeln oder Tru Cargo Service spielt Berit Jung zahlreiche Konzerte in Clubs und auf Festivals und tourt im In- und Ausland (u.a. Spanien, Österreich, Schweiz, Tschechien). Das Moritz Cartheuser Trio und die Band Gleichwiederda, in denen sie als Bassistin aktiv ist, sind Preisträger des Studiowettbewerbs des Berliner Senats. Das Quartett Tru Cargo Service Torsten Papenheim (Gitarre, Kompositionen), Alexander Beierbach (Saxophon), Berit Jung (Kontrabass), Christian Marien (Schlagzeug) veröffentlicht nach „Dear Passengers“ (Tiger Moon Records, 2020) diesen September sein zweites Album „Schattenlos“. Jedes Stück besteht aus nur wenigen Takten komponierter Musik, die endgültige Form von „Schattenlos“ hat das Ensemble bei Proben, Konzerten und im Studio gemeinsam erarbeitet. (Foto: Dovile Sermokas)

Für die pädagogische Musikvermittlung hat Berit Jung sich an der Hochschule für Musik „Hanns Eisler“ Berlin im Bereich „Elementarer Musikpädagogik“ weitergebildet und arbeitet derzeit in verschiedenen Einrichtungen mit Kindern, schwerpunktmäßig in der Integration.
 
Was bedeutet Dir Musik?
Musik ist für mich zum einen Kommunikation und Inspiration. Über Musik kann ich aber auch Intensität und Emotionalität erleben, kann in andere Welten eintauchen und mich berühren lassen.
 
Dein schönstes Erlebnis auf der Bühne?
Das ist schwer zu sagen, weil es so viele sind. Aber allen schönen Erlebnissen ist eins gemeinsam: Es macht mich glücklich, wenn auf der Bühne ein hohes Maß an Intensität und Begegnung spürbar ist. Wenn Kommunikation und Interaktion mit Mitmusiker*innen und dem Publikum gelingen, wenn „der Funke überspringt“.

Welches ist Deine Lieblingsmusik
?
Es fällt mir schwer, mich auf eine Stilistik festzulegen. Mir geht es auch nicht um Perfektion. Ich möchte berührt werden, auf irgendeine Art mit meinem Menschsein andocken.
Was mag ich konkret? Indirock, Jazz, frei improvisierte Musik, Musik der 70er wie Led Zeppelin, King Crimson, Klassik, aber auch Singer/Songwriter und Bands wie Tocotronic oder Käpt’n Peng und die Tentakel von Delphi.

Was möchtest Du beim Unterrichten vermitteln oder weitergeben?

Mir ist es wichtig, dass jede*r ihren/seinen eigenen Weg gehen kann und dafür die jeweils nötigen Fertigkeiten zu vermitteln. Ich möchte niemandem irgendein Konzept überstülpen, da es wie bei so vielen Dingen im Leben nicht nur eine Wahrheit gibt.

Wer oder was inspiriert Dich?
Also im Grunde das Leben selbst, einzelne Begegnungen, oft Momente. Das kann auf der emotionalen Ebene geschehen oder über Worte, Bilder, Gedanken, Gespräche.
Wer inspiriert mich? Um neben meiner Familie und meinen Freunden einzelne Namen zunennen: Arvo Pärt, Barry Guy, Carlos Bica, Charles Mingus, Joni Mitchell, Lhasa del Sela, Tocotronic, Hilde Domin, Ingeborg Bachmann, Christa Wolf, Alice Monroe, Sybille Bergemann, Egon Schiele, Alexander Calder, Ernst Ludwig Kirchner und viele andere.
 
Hast Du (außer Musik) noch andere Hobbys?
Da ich Musik zu meinem Beruf gemacht habe und die Dinge, die mich interessieren damit verbinde, fällt es mir schwer, ein klar abgegrenztes Hobby zu nennen. Alles fließt auf irgendeine Art ineinander. Aber vielleicht: Ich gehe gern langsam durch die Straßen oder die Natur und fotografiere. Das hat etwas sehr Entschleunigendes. Es geraten Dinge in den Fokus, die sonst oft als Nebensächlichkeit abgetan und übersehen werden würden. Ich hätte auch Lust, wieder zu zeichnen. Vielleicht nehme ich diese Frage als Anlass dafür…
 
Was Dich in Berit Jungs Workshop erwartet:
Thema dieses Workshops ist die freie Improvisation in all ihren Facetten. Hierbei sind alle Instrumente und Stimmen herzlich willkommen. Ziel ist es, den eigenen musikalischen Spielraum zu erweitern. Die Musik, die innerhalb des Workshops entsteht, bezieht die jeweiligen musikalischen Hintergründe der Teilnehmerinnen mit ein. Improvisation ist ein interaktiver und kommunikativer Prozess, basierend auf Gewahrsein und Präsenz, eher eine Haltung, als eine Stilistik. Wir experimentieren mit Tonmaterial, Klang, Rhythmik, Dynamik, bewegen uns dabei in Strukturen, entwickeln diese aber auch gemeinsam innerhalb der Improvisation. Wir werden viel ausprobieren und Musik hören, um die stilistische Vielfalt innerhalb der improvisierten Musik kennenzulernen.

Der Workshop findet vom 08.-09.10.2022 in Frankfurt am Main statt, mehr Infos findet ihr hier.

Schon überzeugt? Hier geht es direkt zur Anmeldung.

(Titelfoto: Dovile Sermokas)

Infos

Autorin: Tina Wolfheimer

08.09.2022