Musik aus dem Stehgreif

Jam Sessions & Workshops für Improfreudige

„Improvisation bedeutet, etwas ohne Vorbereitung, aus dem Stegreif dar- oder herzustellen. Im allgemeinen Sprachgebrauch versteht man unter Improvisation auch den spontanen praktischen Gebrauch von Kreativität zur Lösung auftretender Probleme“, ist auf der Plattform Wikipedia zu lesen. Aus dem lateinischen ex improviso („unvorhergesehen“) abgeleitet, bedeutet es zugleich Chance und Risiko. MusikerInnen, die schon mal improvisiert haben, können davon ein Lied singen.Was für die einen eine ungeheuer spannende Klangreise und tolle musikalische Begegnungen bedeutet, kann anderen den Angstschweiß ins Gesicht treiben.

Improvisation ist und macht kreativ

Eine Studie über die Gehirn-Aktivität von JazzpianistInnen im „Flow“ hat gezeigt, was wir selbst fühlen, wenn wir improvisieren: bei der Improvisation und beim freien Spiel sind andere Areale im Gehirn aktiv als beim Üben einer Tonleiter (Charles Limb, Allen Braun, 2008). Während der Improvisation werden kognitive Kontrollfunktionen des Präfrontalhirns deaktiviert (s. Abb. blau), alle sensorische und für den genuinen Selbstausdruck zuständige Areale zeigen dagegen eine erhöhte Aktivität (rot). Dies sorgt für eine gesteigerte Durchlässigkeit des Gehirns für kreative Ideen und ihre unmittelbare Umsetzung. Im Gegensatz dazu ist die Hirnaktivierung während des strukturierten Tonleiterübens genau umgekehrt: Die kognitiven Kontrollfunktionen des Präfrontalhirns sind aktiviert, die Aktivität der sensorischen und der für Selbstausdruck zuständigen Zentren ist verringert.

Das gilt aber nicht für alle MusikerInnen. Mit anderen, gar fremden Menschen auf der Bühne zu stehen, ohne Noten, mit hochaufgestellten Ohren, um in einer Session mitzuspielen – und nicht zu wissen, was als Nächstes kommt: das macht vor allem HobbymusikerInnen, die es gewohnt sind, immer nach Noten zu spielen, Probleme. Bei vielen MusikerInnen gibt es deshalb eine große Hemmschwelle, das Improvisieren selbst auszuprobieren. Umso wichtiger sind Angebote, die einen guten Einstieg in die Materie vermitteln und einen geschützten Rahmen bieten, sich ausprobieren zu können. Wir haben Euch im folgenden einige Veranstaltungen zusammengestellt.

JAM SESSIONS

Die LadyJam! zum Beispiel, die der Frauenmusikclub in Köln jeden ersten Montag im Monat veranstaltet. Nach einem festgelegten Opener ist die Bühne offen für alle Musikerinnen. Interessierte können sich vorher anmelden, aber auch spontan die Bühne stürmen. Infos

Wer sich eher in weiblicher Gesellschaft traut, bei Sessions mitzuspielen, könnte bei Veranstaltungen fündig werden, bei denen Musikerinnen als Host fungieren. In der Münchner Unterfahrt eröffnet z.B. die Gitarristin Barbara Jungfer an den Sonntagen im Juni jeweils mit eigenen Stücken die Jam Session. Der nächste Termin ist am 11.06. um 21 Uhr. Eintritt: 5.-€. Infos

Am 12.06. gibt es zeitgenössischen Jazz von Stefanie Hoevel & Band bei der Fabrik Jam Session in Frankfurt. Besonders angesprochen fühlen können sich alle SängerInnen, denn die Pianistin Stefanie Hoevel ist sehr versiert darin, VokalistInnen zu begleiten. Aber natürlich sind auch ambitionierte InstrumentalistInnen willkommen. Beginn: 21 Uhr, Eintritt: 6.-€/4.-€ erm. Infos

In Hanau veranstaltet der Jazzkeller jeden Monat Moni’s Jazz Jam (Foto rechts) mit Monika Marner, der nächste Termin ist der 19.06. ab 21 Uhr, Eintritt frei. Infos

IMPRO-WORKSHOPS

Manchmal braucht es etwas mehr Zeit, um in ein Thema einzusteigen, Tages- oder Wochenend-Workshops sind daher ideal. Waggong bietet so ein Sommer Special auf Schloss Eisenbach im Vogelsberg. Am 09.07. können improfreudige MusikerInnen von 11:30-17:30 Uhr mit Anka Hirsch den Workshop „Hear and Now – Play! Die Kunst der Improvisation“ erleben. Das musikalische Labor ist offen für alle Instrumente und Stimmen. Voraussetzungen: Grundlagenkenntnisse auf einem Instrument/ in Gesang, die Lust sich musikalisch auszudrücken. Infos

„Improvisieren lernen: Instant Composition“ heißt ein Workshop, den Elvira Plenar am 10. & 24.06. von 12-15 Uhr für PianistInnen in der Kulturwerkstatt Frankfurt anbietet. Mit Hilfe der so genannten „Instant-Composition-Technik“ werden die TeilnehmerInnen schnell Spaß an improvisierter Musik finden, mehr Freude an ihrem Instrument und seinen Möglichkeiten entdecken. Infos

Um „Bild und Klang – Improvisation“ geht es bei einem Workshop von Susanne Peusquens vom 10.-11.06.2017 am gleichen Ort. Dieser Workshop richtet sich an MusikerInnen mit Erfahrung ebenso wie an Instrumental­anfängerInnen, die sich im Rahmen eines außergewöhnlichen und unterhaltsamen Workshop-Konzepts mit dem Improvisieren an Instrument und Stimme versuchen wollen. Anhand von Bildern, die die TeilnehmerInnen mitbringen, wird im Laufe des Wochenendes eine kleine „multimediale Suite“ erarbeitet. Im Vordergrund steht der Spaß an der Musik und die Entwicklung der eigenen Ausdrucksfähigkeit im Rahmen der individuellen Möglichkeiten. Infos

SängerInnen könnte der Workshop „Joy of Vocal Improvisation“ von Vanessa Vieto (Foto links) in der Musikschule Piccolo in Pulheim interessieren. Am 01.07.2017 geht es um Musik aus dem Stegreif, einem spontanen Einfall und Inspiration aus dem Moment folgend: Jazzig, popig, klassisch, experimentell, meditativ oder vielleicht klingt es nach Liedern fremder Länder. Mit Improvisationsübungen wie Call & Response und Soundcollagen lernen wir unsere Stimme mit viel Spaß kennen. Infos

Johanna Seiler hat sich auf das Thema fokussiert. Sie bietet zahlreiche Angebote an wie z.B. den „Wochenend-Workshop A Cappella Impro“ vom 10.-11.06.2017 in Hannover sowie eine 14tägige Offene Gruppe Improvisation, die sich immer donnerstags in Berlin trifft. Am 07.07. können Interessierte die Ergebnisse ihrer Kurse bei einer Performance in Berlin sehen und bei der anschließenden Open Stage um 21:15 Uhr mitmachen (bitte anmelden unter http://johannaseiler.com/kalender/). Infos

Autorin: Mane Stelzer

07.06.2017